Neues aus dem Ort - Gemeinde Ockenheim

Die Ansprache zum Nachlesen - Volkstrauertag 2025

Die Ansprache zum Nachlesen - Volkstrauertag 2025

vor 1 Tag
Hier die Ansprache für alle, die nicht da waren - oder einfach zum Nachlesen:

Liebe Ockenheimerinnen und Ockenheimer,
liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

gemeinsam mit der KKMO und der FFO haben wir uns heute hier versammelt um all‘ der Opfer von Krieg und Gewalt zu gedenken. Unser Gedenken schließt nicht nur die Opfer der Vergangenheit ein, sondern wir gedenken auch aller Opfer, die der Krieg in unseren Tagen kostet.
Für jede und jeden von Ihnen, der heute gekommen ist, bin ich dankbar. Doch: Entspricht die Zahl der Teilnehmenden wirklich der Bedeutung dieser Veranstaltung? Ruft nicht gerade der Volkstrauertag ins Bewusstsein, welches unermessliche Leid Krieg und Gewalt hervorbrachte und bis heute hervorbringt. Indem wir aller Opfer gedenken ohne sie zu glorifizieren, begreifen wir darin nicht ihre Schicksale als Mahnung?
Frieden ist keine Selbstverständlichkeit!
Daher muss es uns -so meine ich - ein Anliegen sein, alle Generationen zu aktivieren: Zum einen um der Opfer der Vergangenheit und auch aller Opfer die die Kriege in unseren Tagen kosten, zu gedenken. Vor allem aber auch um Zusammenzustehen, Hass und Spaltung entgegenzutreten und ein Zeichen zu setzen gegen Krieg, gegen Gewalt, gegen Unterdrückung.
Auch der Gemeinderat hat sich in seiner letzten Sitzung deutlich dafür ausgesprochen, den Volkstrauertag weiterhin zu begehen. Und ich freue mich, dass heute deutlich mehr Gemeinderäte teilnehmen als in den vergangenen Jahren: Ist es an der Zeit für ein anderes Volkstrauertags- Format? Gelingt es uns, Bewusstsein zu schaffen und mehr Bürgerinnen und Bürger zu motivieren teilzunehmen und ein Zeichen zu setzen?
In diesem Sinn hat sich eine Gruppe von Gemeinderäten bereiterklärt, den Volkstrauertag im kommenden Jahr vorzubereiten und zu gestalten. Wir sind gespannt.
Mit einer Veränderung starten wir jedoch bereits heute: Ich werde heute gemeinsam mit dem ersten Beigeordneten und ehemaligen Bürgermeister Arnold Müller die Ansprache zum Volkstrauertag an Sie richten. Wie auch in den vergangenen Jahren wird er die heutige Gedenkveranstaltung nun in den aktuellen politischen Kontext einordnen.

Wir sind heute hier versammelt, um den Volkstrauertag zu begehen – einen Tag der Besinnung und der Mahnung. Dieser Tag ist kein Heldengedenktag. Stattdessen erinnert er uns daran, welches unermessliche Leid Kriege über die Menschheit gebracht haben. Er mahnt uns, wachsam zu bleiben und die Lehren der Geschichte nicht zu vergessen.
Heute, im Jahr 2024, ist diese Mahnung besonders wichtig. Denn der Krieg ist wieder nach Europa zurückgekehrt. Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine hat uns die Grausamkeit eines Konflikts vor Augen geführt, in dem Tausende sterben und Millionen auf der Flucht sind. Wir sehen auch im Nahen Osten, wie die Gewalt zwischen Israel und der Hamas unschuldige Menschen trifft und friedliche Zukunftshoffnungen zerschlägt. Diese brutalen Konflikte sind mehr als nur aktuelle Tragödien – sie erinnern an die dunkelsten Kapitel unserer Geschichte, an die Verwüstungen des Zweiten Weltkriegs, als Europa in Flammen stand und Millionen von Menschen starben.
Politisch steht auch unser eigenes Land vor Herausforderungen, die zu unserer Verantwortung für Frieden und Stabilität gehören. Die Regierungskrise, die derzeit Deutschland erschüttert, lässt viele Bürgerinnen und Bürger mit Sorge in die Zukunft blicken. In unsicheren Zeiten wie diesen müssen wir darauf achten, dass unsere Werte – Demokratie, Freiheit und Menschenwürde – nicht in Frage gestellt werden. Das Vertrauen in unsere politischen Institutionen und die Fähigkeit der Regierung, Sicherheit und Stabilität zu gewährleisten, ist eine Grundlage des Friedens, die wir nicht verlieren dürfen.
Eine weitere, sehr ernste Herausforderung, der wir uns stellen müssen, sind rechte Tendenzen, die in Deutschland und Europa wieder stärker werden. In manchen Teilen unserer Gesellschaft gewinnen nationalistische und fremdenfeindliche Ideologien an Boden – oft befördert durch populistische Bewegungen, die von Angst und Unsicherheit profitieren. Diese Tendenzen bedrohen nicht nur den gesellschaftlichen Zusammenhalt, sondern stellen auch unsere Grundwerte in Frage. Denn der Nationalismus, der Ausgrenzung und Hass propagiert, kann letztlich zu Spaltung und Gewalt führen. Unsere Geschichte lehrt uns eindrücklich, wohin solch ein Weg führen kann.
Wir dürfen nicht zulassen, dass solche gefährlichen Ideologien in unsere Gesellschaft eindringen und den Frieden bedrohen, den wir so lange bewahrt haben. Der Volkstrauertag mahnt uns, entschieden gegen jede Form von Extremismus und Hass aufzutreten. Denn Frieden, Demokratie und Menschenwürde müssen aktiv verteidigt werden – gegen rechte Strömungen, die das Erbe unserer Geschichte, die Vielfalt unserer Gesellschaft und das gemeinsame Streben nach einer friedlichen Zukunft gefährden.
Doch nicht nur in Deutschland, auch international stehen wir vor einer neuen Ära der Unsicherheit. Der Wahlsieg von Donald Trump in den USA hat weltweit Fragen aufgeworfen und Besorgnis ausgelöst. Trump hat bereits in der Vergangenheit mit Entscheidungen und Rhetorik die internationalen Beziehungen destabilisiert und oft nationale Interessen über internationale Zusammenarbeit gestellt. Diese Entwicklung stellt die Friedensordnung in Frage, die über Jahrzehnte aufgebaut wurde und die uns durch Krisenzeiten getragen hat. Die Sorge ist, dass nationale Interessen und Polarisierung über die gemeinsamen Werte von Demokratie und Zusammenarbeit gestellt werden könnten.
Vor diesem Hintergrund, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, bekommt der Volkstrauertag eine zusätzliche Bedeutung. Er ist nicht nur ein Tag des Erinnerns, sondern auch ein Tag des Wachrüttelns. Die Geschichte zeigt uns, wie wichtig Zusammenhalt und ein entschlossenes Einstehen für den Frieden sind. Gerade für die jüngeren Generationen, die sich in einer Welt bewegen, die zunehmend von Krisen erschüttert wird, ist dieser Tag ein Mahnruf: Krieg und Gewalt betreffen uns alle, und Frieden und Stabilität sind nicht selbstverständlich.
Der Volkstrauertag mahnt uns, dass Gleichgültigkeit keine Option ist. Die Nachlässigkeit, die wir in Krisenzeiten gegenüber dem Zusammenhalt zeigen könnten, wäre gefährlich. Deshalb gilt es, auch die jungen Menschen für diese Verantwortung zu sensibilisieren. Sie müssen wissen, dass Frieden und Freiheit nicht nur Worte sind, sondern Werte, für die jede Generation neu kämpfen muss.
In diesen Zeiten müssen wir zusammenstehen und unsere Verpflichtung aus der Geschichte heraus ernst nehmen. Nur gemeinsam können wir den Frieden bewahren und eine Zukunft aufbauen, in der die Schrecken des Krieges nicht erneut Wirklichkeit werden.

(Ortsbürgermeisterin) Sabine Maidhof: Trotz aller Unsicherheit gibt es auch Hoffnung. Hoffnung darauf, dass wir als Gemeinschaft – Generation übergreifend- die Werte des Friedens der Freiheit und des Respekts verteidigen. Lassen Sie uns diesen Weg gemeinsam gehen und uns von den Lehren der Vergangenheit leiten, um eine bessere, friedlichere Zukunft zu schaffen.
Und dazu bedarf es aller, sowohl der jungen, derer die mittleren Alters sind und ebenso der lebenserfahrenen!
Zusammen mit den Beigeordneten und den Ratsmitgliedern ermutige ich uns alle: Lasst uns heute, am Volkstrauertag, innehalten und der Opfer der Kriege gedenken – nicht um sie zu Helden zu stilisieren, sondern um uns immer daran zu erinnern, welches Leid der Krieg bringt und wie zerbrechlich der Frieden ist.
So kann der Volkstrauertag nicht nur ein Tag des Erinnerns sein, sondern auch ein Anstoß – ein Anstoß, wachsam und mutig zu bleiben und gemeinsam, auch für zukünftige Generationen an einer Welt zu bauen, die frei ist von den Schrecken des Krieges, des Hasses und der Spaltung.
Doch auf die „große Politik“ haben wir wenig Einfluss und eine bessere Welt entsteht nicht durch große Worte allein. Sie beginnt bei uns allen – in unserem Alltag, in unserem Miteinander. Fängt es nicht genau dort an? Indem wir aufeinander achten und die Bedürfnisse des anderen in den Blick nehmen? Indem wir darauf verzichten, unseren eigenen Vorteil oder unser Recht auf Kosten anderer durchzusetzen? Indem wir den Mut haben, einem Menschen beizustehen, der durch Taten oder Worte verletzt wird?
Es sind Tugenden wie Fairness und Anstand, die wir nicht nur leben, sondern auch einfordern müssen. Kleine Gesten der Solidarität und Menschlichkeit können im Kleinen den Frieden fördern – sei es in der Familie, in der Nachbarschaft oder in der Gemeinde.
Lasst uns gemeinsam beginnen, unsere Welt ein klein wenig friedlicher zu gestalten. Jeder Schritt, den wir dafür gehen, ist ein Schritt in Richtung der Zukunft, die wir uns für uns und die kommenden Generationen wünschen – eine Zukunft, in der der Volkstrauertag ein Mahnmal bleibt, aber nicht mehr zur bitteren Notwendigkeit wird.
Vielen Dank.
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Herrn Diakon Faust bitte ich nun zum Abschluss ein Gebet und den Segen zu sprechen.
von Sabine Maidhof